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Bürokratieentlastungsgesetz IV verabschiedet

Der Bundestag hat das Bürokratieentlastungsgesetz IV verabschiedet, mit dem neben anderen Maßnahmen auch Aufbewahrungsfristen verkürzt, umsatzsteuerliche Pflichten erleichtert und eine digitale Bekanntgabe von Steuerbescheiden eingeführt werden sollen.

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampelkoalition auch Pläne für ein Bürokratieentlastungsgesetz verankert, dessen Entwurf die Regierung im Frühjahr vorgelegt hat. Ergänzt um einige weitere Maßnahmen ist dieses Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) nun vom Bundestag beschlossen worden. Das BEG IV ist Teil des Bürokratieabbaupaketes, auf das sich das Kabinett bei seiner Klausur in Meseberg im August 2023 geeinigt hatte.

Dieses Paket umfasst neben dem BEG IV das inzwischen in Kraft getretene Wachstumschancengesetz, die Anhebung der Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen, eine gemeinsame Initiative mit Frankreich zur Reduktion von Bürokratielasten auf EU-Ebene sowie eine Sammelverordnung zur Reduktion von Bürokratie auf Verordnungsebene. Gebündelt soll das Entlastungsvolumen dieser Maßnahmen für die Wirtschaft über 3 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Das BEG IV trägt dazu rund 944 Millionen Euro pro Jahr bei. Hier ist ein Überblick über die wesentlichen Änderungen durch das BEG IV, wobei der Großteil des Entlastungsvolumens auf die ersten vier Änderungen entfällt.

Aufbewahrungsfristen: Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege (Rechnungskopien, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten etc.) werden von zehn auf acht Jahre verkürzt. Diese Änderung erfolgt parallel im Handelsgesetzbuch, in der Abgabenordnung und im Umsatzsteuergesetz und soll für alle Belege gelten, deren Aufbewahrungsfrist bei Inkrafttreten des BEG IV noch nicht abgelaufen ist.

Vollmachtsdatenbank: Es wird eine zentrale Vollmachtsdatenbank eingerichtet, in der Steuerberater ab 2028 Generalvollmachten für die Sozialversicherung hinterlegen können. Dadurch müssen Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche Einzelvollmachten für die verschiedenen Träger der Sozialversicherungen ausstellen. Stattdessen genügt künftig eine elektronische Generalvollmacht, die dann alle Träger der Sozialversicherungen in der Vollmachtsdatenbank abrufen können.

Hotelmeldepflicht: Die Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige bei touristischen Übernachtungen wird abgeschafft. Für Staatsangehörige anderer Staaten bleibt die Meldepflicht aufgrund zwingender EU-Vorgaben jedoch weiter bestehen.

Schriftformerfordernisse: Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) werden an vielen Stellen Schriftformerfordernisse zu Textformerfordernissen herabgestuft. Anders als die Schriftform setzt die Textform keine eigenhändige Unterschrift voraus. Damit reichen auch eine E-Mail, eine SMS oder eine Messenger-Nachricht für eine entsprechende Erklärung aus. Vergleichbare Herabstufungen sind auch im Vereinsrecht, im Gesellschaftsrecht und in weiteren Gesetzen geplant. So können Vereinsmitglieder ihre Zustimmung zu einem Beschluss, der ohne Mitgliederversammlung gefasst wurde, künftig auch in Textform erklären. Auch können GmbH-Gesellschafter bei Beschlüssen außerhalb einer Versammlung ihre Stimme in Textform abgeben, wenn sämtliche Gesellschafter damit einverstanden sind.

Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Eine Umsatzsteuer-Voranmeldung muss monatlich abgegeben werden, wenn die abzuführende Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 7.500 Euro betragen hat. Lag die abzuführende Umsatzsteuer unter diesem Schwellenwert, ist stattdessen eine vierteljährliche Voranmeldung ausreichend. Der Schwellenwert für die vierteljährliche Voranmeldung wird ab 2025 auf 9.000 Euro angehoben.

Differenzbesteuerung: Mit der Differenzbesteuerung kann ein Wiederverkäufer die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer auf vereinfachte Weise ermitteln, indem er die Gesamtdifferenz aus allen innerhalb eines Besteuerungszeitraumes getätigten Einkäufen und Verkäufen bildet, sofern der Einkaufspreis einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Dieser Betrag für den Einkaufspreis beträgt seit 2002 unverändert 500 Euro. Ab 2025 wird diese Bagatellgrenze auf 750 Euro angehoben.

Elektronische Steuerbescheide: Ab 2026 werden Steuerbescheide und andere Verwaltungsakte dem Steuerzahler oder Steuerberater elektronisch zum Abruf bereitgestellt. Die elektronische Bekanntgabe ist schon jetzt möglich, setzt aber bisher die Zustimmung des Empfängers voraus. Durch die Änderung gilt ab 2026 stattdessen eine Widerspruchsregelung, nach der die digitale Bereitstellung der Standardfall wird, sofern der Steuerzahler dieser nicht ausdrücklich widerspricht. Das gilt insbesondere dann, wenn die zugrundeliegende Steuererklärung oder Feststellungserklärung elektronisch übermittelt worden ist. Die abrufberechtigte Person (Steuerzahler/Steuerberater) wird am Tag der Bereitstellung elektronisch informiert, der zum Abruf bereitgestellte Bescheid oder sonstige Verwaltungsakt gilt jedoch trotzdem erst am vierten Werktag nach seiner Bereitstellung als bekannt gegeben. Es bleibt bei den elektronischen Bescheiden also bei der von postalisch zugegangenen Bescheiden bekannten Zugangsvermutung, was insbesondere die Berechnung von Einspruchs- und Klagefristen vereinfacht, weil diese damit nicht vom Weg der Bekanntgabe abhängig sind.

Freistellungsbescheinigungen: Die Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen wird von drei auf fünf Jahre verlängert.

Verrechnungspreise: In erster Linie für Großunternehmen und international tätige Betriebe relevant ist eine Neuregelung der Aufzeichnungspflichten bei den Verrechnungspreisen. Künftig müssen nach einer Prüfungsanordnung nicht mehr sämtliche Unterlagen zu den Verrechnungspreisen automatisch erstellt und vorgelegt werden. Stattdessen wird die Pflicht zur Vorlage einer Transaktionsmatrix eingeführt.

Nebenkostenabrechnung: Vermieter können künftig bei Betriebskostenabrechnungen dem Mieter Belege auch digital zur Einsichtnahme bereitstellen.

Arbeitszeugnis: Der Ausschluss der elektronischen Form für die Erteilung von Zeugnissen über ein Dienstverhältnis und dessen Dauer wird aufgehoben. Arbeitszeugnisse können damit künftig mit Zustimmung des Arbeitnehmers auch in elektronischer Form erteilt werden.

Aushangpflichten: Der Arbeitgeber kann Aushangpflichten nach dem Arbeitszeitgesetz und dem Jugendarbeitsschutzgesetz künftig auch erfüllen, indem er die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik - etwa das Intranet - elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.

Nachweisgesetz: Auch im Nachweisgesetz wird die Schriftform durch die Textform ersetzt. Wesentliche Vertragsbedingungen des Arbeitsvertrags wie Gehalt, Urlaub oder Kündigungsfristen können somit auch in Textform nachgewiesen werden. Damit kann künftig ein Arbeitsvertrag in der Regel vollständig digital abgeschlossen werden, zum Beispiel per E-Mail.

Verlegung einer Betriebsstätte: Gewerbetreibende, die ihre Betriebsstätte in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Gewerbebehörde verlegen, müssen künftig die bisherige Betriebsstätte nicht mehr abmelden. Es genügt dann die Anmeldung bei der neuen Behörde, die die bisher zuständige Behörde dann automatisch informiert.

Elternzeit und Elterngeld: Das Schriftformerfordernis für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit wird durch die Textform ersetzt. Daneben soll der nun mögliche automatisierte Datenabruf bei den Standesämtern den Nachweis der Geburt bei der Beantragung von Elterngeld vereinfachen.

Hauptversammlungen: Börsennotierte Gesellschaften müssen die Unterlagen zu auf der Hauptversammlung geplanten vergütungsbezogenen Beschlüssen künftig nicht mehr im Bundesanzeiger bekannt machen, sondern können diese den Aktionären einfach auf der Website des Unternehmens zugänglich machen.

Öffentliche Versteigerungen: Die Möglichkeiten, öffentliche Versteigerungen durchzuführen, werden erweitert. Künftig sollen sie wahlweise auch online per Live-Stream oder in hybrider Form stattfinden können.

Fluggastabfertigung: Die Fluggastabfertigung kann künftig auch digital erfolgen. Dazu können künftig mit ausdrücklicher Einwilligung des Reisenden bestimmte Daten aus dem Reisepass ausgelesen werden.

Öffentlichkeitsbeteiligung: Die Äußerungsfirst bei Öffentlichkeitsbeteiligungen in Zulassungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung, in denen aufgrund von Änderungen des Vorhabens eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich ist, wird angemessen verkürzt.

Grundrente: Die Stichprobenprüfungen von Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Grundrente werden abgeschafft, nachdem sich die Annahme, dass diese Stichproben erforderlich seien, nicht bestätigt hat.

Während das BEG IV damit abgeschlossen ist, befindet sich die "Verordnung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie", die ebenfalls Teil des von der Regierung geplanten Bürokratieentlastungspakets ist, noch im Entwurfsstadium. Die darin enthaltenen Maßnahmen sind weniger bemerkenswert als die des BEG IV, sollen aber trotzdem die Wirtschaft jährlich um rund 420 Millionen Euro an Erfüllungsaufwand entlasten.

 
[mmk]
 
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